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Ein paar Gedanken und Anmerkungen zu Manuela Schwesig, unserer neuen Chefredakteurin Antonia Märzhäuser und zum erbärmlichen Erscheinungsbild politischer Kultur in diesen Tagen
Juni 15, 2010, 2:21 pm
Filed under: politik | Schlagwörter: , , , , , ,

Die Wahl in NRW war bereits am Wahlabend zur Farce verkommen. Wenn man ehrlich ist, hatte man nichts anderes erwartet. Mittlerweile hat sich das Bild einer Farce so sehr manifestiert, dass man dem politischen Treiben, nicht nur in NRW, rezeptorisch eher fassungslos gegenübersteht. Politik ist out. Endgültig. Terminologisch schon lange. Real-agierend in Kürze. Für Köhler bleibt Bewunderung. Wir haben verstanden: Ein politisches und gesellschaftliches System kann (und will) sich u.a. aus Gründen der Attraktivität natürlich erneuern, will sich verändern und weiter, im eigenen Verständnis, verbessern. Doch es will sich nicht austauschen oder ersetzen lassen. Ein natürlicher Selbsterhaltungstrieb. Es geht ausschließlich und allein um das Bedienen von Klischees und das Übernehmen und Ausfüllen einer vorgegeben Funktion, vollendete Beliebigkeit in Farben, Formen und Frisuren. Inhalte interessieren nicht mehr. Vor dem System sind alle gleich und alles gleichgeschaltet. Keiner hat Ideen und Visionen, die so weitreichend sind, als dass sie bestehende Manifeste des Missstands auch nur ansatzweise erschüttern könnten. Was bleibt am Ende des Tages: Brechreiz, Verachtung und Teilnahmslosigkeit.

Die CDU und ihr mitregierender Bündnispartner FDP sind in einer derart desolaten Verfassung, dass diejenigen, die sich in Zukunft noch Chancen ausrechnen mitbestimmen zu können, schon längst ihr Übergangsheil suchen: Roland Koch geht erstmal in die Wirtschaft und Christian Wulff in die staatstragende Repräsentationsfunktion des Bundespräsidenten (wenn es tatsächlich so kommt und nicht der tatsächlich besser funktionierende Gutmensch Gauck das Amt ergreift). Man nennt das in Sicherheit bringen. Aber wenn das die personelle Zukunft konservativer Bestrebungen sein soll, dann Gute Nacht. Auch die Grünen haben nichts mehr zu bieten. Der Klimawandel bzw. die Klimakatastrophe als Thema hat sich spätestens mit der vor der amerikanischen Küste stattfindenden Ölkatastrophe erledigt. Dieses Thema ist für grüne Köpfe anscheinend doch zu groß und man muss sich schon wundern, dass auch hier gerne Sympathiebekundungen für die deutsche Fußballnationalmannschaft ausgesprochen werden, ansonsten aber bundesrepublikanische Parteibefindlichkeiten schwerer wiegen als Menschenschicksale. Doch auch daran haben wir uns gewöhnt. Schwerer wiegende Gemeinsamkeiten deutscher Geselligkeit heißen Lena Meyer-Landrut oder Robert Enke. Danke auch dafür.

Die SPD glänzte zuletzt eigentlich nur bei der Ansprache am NRW-Wahlabend vom sozialdemokratischen Schwergewicht Siegmar Gabriel und dort auch nicht durch das pseudoburschikose und bauernschlaue Gefasel des ehemals als Popbeauftragten bekannt gewordenen heutigen Parteivorsitzenden, sondern durch das engelsgleiche und authentisch berührte Antlitz der blonden Parteihoffnung Manuela Schwesig, die geschickt links hinter Gabriel drapiert wurde um der Jämmerlichkeit wenigstens einen Hauch von schöner Erhabenheit entgegen zu setzen. Doch wenn man die junge Dame aus dem Osten letzte Woche bei Anne Will beobachten konnte, musste man leider feststellen, dass es nicht ausreicht ein hübsches Kostüm zu tragen, den Kopf in süße Schräglage zu bringen und erhaben, fast schon arrogant, zu Lächeln. Hier hat man das Gefühl der politische Nachwuchs verkommt zur Augsburger Puppenkiste: billiges Szenario und schluddrig geschriebenes Textwerk für die automatisierte Wiedergabe. Da kann man es selbst dem bei Will mitdiskutierenden Herrn Lindner von der FDP nicht übel nehmen, nur müde zu Lächeln. Mit Chauvinismus hat das nichts zu tun. Leider auch nicht viel mit sozialer Gerechtigkeit.

Dies ist jedoch kein Text, der sich mit Weiblichkeit in der Politik auseinandersetzen möchte oder mit dem hoffnungslosen und verwahrlosten Zustand westlicher Gestaltungskraft, sondern vielmehr mit Kompetenzen. Und genau solche Kompetenzen muss man sich aneignen, erarbeiten und, das ist das Wichtigste, man muss verstehen welche Pflichten damit einhergehen und wie viel Verantwortung man sich auflädt. Deshalb freuen wir uns, dass unsere Redakteurin Antonia Märzhäuser genau diese Verantwortung mittragen möchte und begrüßen sie in ihrer neuen Funktion als Chefredakteurin. Mehr darüber natürlich demnächst.

(EB)


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WTF?!

Kommentar von karl

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