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Die vergessenen Freuden der Subjektivität

Objektiv betrachten, abwägen zwischen den Positionen, einen neutralen Standpunkt einnehmen, Unvoreingenommenheit gegenüber allem Neuen zeigen, egal wie hässlich und grell das Neue daherkommt. Die Doktrin unserer Zeit ist nicht der radikale Individualismus, sondern die Erwartung der Welt objektiv gegenüberzutreten zu können. Da erscheint einem das Konzept der Autorentheatertage fast unverschämt, verschreibt es sich mit einem Alleinjuroren der absoluten Subjektivität.

Der Journalist und Filmkritiker Michael Althen regiert in diesem Jahr ganz in Manier Ludwig XIV. Ort des Geschehens ist das Deutsche Theater, welches dem Versailler Hof in Sachen Prunk zwar nicht ebenbürtig ist, sich dafür aber definitiv als volksnäher erwiesen hat. Aus 160 Zusendungen hat Althen vier der, seines Erachtens nach, interessantesten Stücke der Gegenwartsdramatik ausgewählt. Zahlreiche Gastspiele bieten vom 8. bis 17. April 2010, neben den Stücken der jungen Wilden, ein abwechslungsreiches Programm dar. So zum Beispiel das Stück Interview. Der Film des verstorbenen Regisseurs Theo Van Goghs wurde bereits 2007 mit Sienna Miller und Steve Buscemi neuverfilmt. Steve Buscemi, den man vor allem aus Auftritten in Coffee and Cigarettes, Reservoir Dogs und so gut wie jedem zweiten Coen-Brüder Film kennt, liefert sich in der Rolle des Journalisten Pierre einen Schlagabtausch mit dem schönen Serienstar Katya. Weder Pierre noch Katya wollen den Vorurteilen und Erwartungen des Gegenübers genügen und so entwickelt sich zwischen den beiden ein Katz und Maus Spiel aus Anziehung, Abstoßung, Hass und der Suche nach einem Zuhörer.

Interview bietet den perfekten Stoff für die Bühne, zwei Charaktere, die sich im Laufe des Gesprächs immer weiter entblößen. Auf die Bühne gebracht wird das Stück vom Theater Neumarkt Zürich unter Leitung von Martin Kušej.

Den ausführlichen Spielplan zu den Theatertagen gibt es hier.

Der Film Interview ist bei Arthouse als DVD erschienen, den Trailer gibts hier

(AM)